Das Dorfener Rathaus
Das Rathaus Dorfen ist eine architektonische Meisterleistung, innen modern und die Fassade perfekt eingegliedert in das einmalige Stadtbild von Dorfen. Von 2017 bis 2019 mussten die Bürgerinnen und Bürger auf ihr Rathaus verzichten. die Stadtverwaltung wurde auf drei Häuser in der Innenstadt verteilt. Abriss, archäologische Untersuchungen und Neubau folgten. Eine Zeit, die viele Herausforderungen, vor allem für die Anwohner und Geschäfte der Straße, aber auch viele Erkenntnisse gebracht hat. Beispielsweise die einzigartigen Funde der Archäologen aus dem 13. Jahrhundert, die eine Besiedlung des Marktes Dorfen, bestätigen.
Heute dürfen Bürgerinnen und Bürger mit Stolz auf das Rathaus blicken, das sich an gewohnter Stelle in der Stadtmitte wiederfindet. Ein moderner Bau, in dem die Stadtverwaltung sich um die belange der Bürgerinnen und Bürger kümmert. Auch die kunsthistorischen Schätze erscheinen in ihrem Glanz. So haben die historischen Bilder aus dem 17. Jahrhundert im Sitzungssaal, ebenso wie die Skulptur von Alessandro Kokocinski, die Himmelsleiter, ihren Platz im neuen Rathaus gefunden.
Vom alten zum neuen Rathaus
Der Markt Dorfen wurde um 1230 von Ludwig dem Kelheimer als Stützpunkt gegen das Hochstift Freising und gegen die Grafschaft Haag und als wirtschaftliches Zentrum für das Gebiet zwischen Erding, Landshut, Wasserburg am Inn und Mühldorf am Inn gegründet. Ihm wurde zwischen 1229 und 1237 das Marktrecht verliehen. Wesentliches Recht des Marktes war schon damals die Selbstverwaltung der Bürger mit einer Obrigkeit aus ihren Reihen, den Räten.
Bereits bei der Gründung des Marktes wurde ein Gebäude berücksichtigt, in dem der Rat tagte. Das erste Rathaus sowie die Nachfolgebauten waren stets im Mittelpunkt Dorfens gelegen. Das zweite Rathaus fiel im Jahr 1650 einer Brandkatastrophe zum Opfer. das dritte Haus hatte wieder seinen Standort im Zentrum des Marktes. Es diente bis ca. 1860 als Rathaus. An dieser Stelle wurde dann für das Amtsgericht Dorfen ein Gerichtsgebäude errichtet, das bis in die 50er Jahre des vorherigen Jahrhunderts dafür genutzt wurde.
Die Marktgemeinde Dorfen erwarb auf der gegenüberliegenden Straßenseite ein neues, funktionales Gebäude, welches über die Stadterhebung im Jahr 1954 bis zum Jahr 2017 seine Aufgabe als Sitz der Verwaltung und des Stadtrates erfüllte.
Funktion des Rathauses
Unabhängig von der Bedeutung des Rathauses als Zeichen bürgerschaftlichen selbstverständnisses haben sich die Anforderungen an ein Rathaus in funktionaler Sicht im Laufe der Jahrhunderte stets verändert. Das Rathaus des Marktes Dorfen war, wie damals üblich, ausgelegt für das Gewerbe im Parterre und in den oberen Stockwerken mit Ratsstube, Bürgerstübl und Tanzsaal. Im neuen Rathaus von 1860 wurden bereits neue Funktionen integriert. Neben der Kanzlei des Magistrates und dem Sitzungssaal wurden die Ortspolizei, ein Bürgerarrest und zusätzlich ein feuerfestes Gewölbe für die Stadtkasse und die Feuerlöschgeräte untergebracht. Zudem umfasste das Gebäude eine Wohnung für die Marktschreiberfamilie und den Polizeidiener.
Im Laufe der Jahre wurden für die Polizei und die Feuerwehr geeignete Gebäude geschaffen. So stand das gesamte Gebäude für die Verwaltung zur Verfügung. Jedoch musste man feststellen, dass trotz bestem bemühen die erforderlichen Anpassungen und Umbauten nur mit immer größeren Einschränkungen erfüllt werden konnten. Bereits zu Beginn der 2000er Jahre musste deshalb ein Teil der Verwaltung in ein benachbartes Gebäude ausgelagert werden. In diese Zeit fiel auch
der Erwerb des direkt an das alte Rathaus angrenzenden Dubotzi-Anwesens, um für eine spätere Rathauserweiterung über ausreichenden Platz verfügen zu können.
Als 2014 Bürgermeister Heinz Grundner zusammen mit dem Stadtrat das Thema Rathausneubau aufgriff, entsprach das „alte“ Rathaus weder den geltenden Brandschutzvorschriften noch war es im weitesten Sinne barrierefrei. Alle, Bürgermeister und Stadtrat aber auch die Bürgerschaft, erkannten die Notwendigkeit eines Rathausneubaus. dabei war jedoch auch klar, das Rathaus muss in der Stadtmitte situiert werden. Es wurde ein Architektenwettbewerb ausgelobt.
Die zentrale Entwurfsaufgabe des Wettbewerbs bestand darin, neues im historischen Kontext so zu schaffen, dass es die Zeit seiner Entstehung nicht leugnet und gleichzeitig sich im historischen Bestand selbstverständlich einfügt. Zudem kam noch die besondere städtebauliche Situation hinzu. Während historisch die Rathäuser als wichtige öffentliche Gebäude innerhalb der Stadtstruktur immer eine besondere städtebauliche Stellung eingenommen haben, musste das neue Rathaus in eine Baulücke innerhalb einer Häuserzeile situiert werden. Die Diezinger Architekten schlugen im Wettbewerbsbeitrag eine Lösung vor, die diesen komplexen Anforderungen gerecht wurde.
Der Baukörper nimmt dabei die Höhen der drei- und viergeschossigen Nachbarbebauung auf und präsentiert sich durch die Höhenstaffelung selbstbewusst mit dem überhöhten Sitzungssaal zum Platz. Auf der Rückseite zur kleinteiligen Bebauung der Apothekergasse ist das Gebäude dreigeschossig.Die differenzierte Höhengestaltung bewirkt, dass das Rathaus sich, trotz der beengten Lage in der Zeile, als eines der besonderen Gebäude der Stadt manifestiert.
In der Fassadengestaltung ist die regelmäßige Gliederung der Nachbargebäude übernommen und subtil auf die umgebende Bebauung mittels einer unaufgeregten, gut proportionierten, verputzten Lochfassade eingegangen. Die in der ebene versetzten Fenster verleihen der Platzfassade die notwendige Plastizität zum Rathausplatz. Die schräge Leibung nimmt die Blickbeziehung zur Marktkirche auf. Über die hinter den aus eloxiertem Aluminiumlochblech hergestellten Nachtauskühlungselemente werden die Büroräume natürlich belüftet. Der unmerkliche Knick in der Häuserzeile wird genutzt, um den Eingang des Rathauses klar zu definieren. Das Eingangselement vermittelt als Filter zwischen innen und außen und besteht ebenfalls aus einer bronzefarbenen eloxierten Aluminiumlochblechfassade. Die äußere fußläufige Erschließung erfolgt zweiseitig, sowohl vom Rathausplatz als auch von der Apothekergasse her. Im zentral angeordneten Eingangsfoyer erfolgt die innere Erschließung des Gebäudes. Ein dreigeschossiger hoher Lichthof sorgt für ausreichend Tageslicht.
Aufgrund des sehr tiefen Grundrisses wird eine einläufige Treppe eingebaut, die als zentrale vertikale Erschließung fungiert. Die Treppe staffelt sich kaskadenhaft, analog zu den Geschossebenen, einseitig jeweils um eine Treppenlaufbreite ab. Dadurch entsteht ein nach oben sich öffnender Treppenraum mit optimaler, natürlicher Belichtung. Die Räume der Rathausverwaltung mit nun 43 Büroräumen befinden sich in den ersten drei Geschossen. Im vierten Obergeschoss liegen der Sitzungs- und Trauungssaal.
Die Außenwände wurden als hochwärmegedämmtes Ziegelmauerwerk errichtet und mit einem mineralischen Putz verputzt. die Innenwände aus stahlbeton und Mauerwerk sind verputzt oder gespachtelt und mit einem farbanstrich versehen. die Flurwände zu den Bürospangen am Rathausplatz sowie zur Apothekergasse wurden mit einer Verkleidung aus holzfurnierten Platten versehen. Die Säle im 3. Obergeschoss sind mit einer akustisch wirksamen, mit eiche furnierten Wandverkleidung ausgestattet. In allen Nutzungsbereichen ist ein homogener Bodenbelag aus Industrieparkett, im Foyer und in den Fluren im Erdgeschoss ein Natursteinbelag verlegt. Mit Unterschreitung des Energiestandarts um 30 %, einer barrierefreien Erschließung und der Verwendung nachhaltiger Baumaterialen ist das Gebäude zukunftsorientiert.
Nach der abgeschlossenen Ausschreibung im Februar 2016 wurde das alte Rathaus sowie das benachbarte Geschäftshaus im April 2017 abgerissen. Im Anschluss untersuchten Archäologen den Boden. Sie fanden Spuren aus dem 13 Jahrhundert, welche die Besiedlung, die zu diesem Zeitpunkt vermutet wurde, bestätigten.
Die Grundsteinlegung für das Rathaus fand am 21.9.2017 statt. Die Einweihungsfeierlichkeiten ein Jahr später, am 18.9.2021.
Für die Zeit des Rathausneubaus war die Stadtverwaltung auf drei Gebäude innerhalb der Innenstadt Dorfens aufgeteilt. seit April 2019 sind alle Abteilungen und Fachbereiche der Stadtverwaltung
wieder in einem Haus vereint. Mit der Bauzeit von 18 Monaten wurde der gesetzte Zeitrahmen von 1,5 Jahren eingehalten, die Kosten lagen vorgegebenen Rahmen.
Die "Himmelsleiter"
Der weltweit bekannte Maler und Bildhauer Alessandro Kokocinski (1948 – 2017) schenkte der Stadt Dorfen im Jahr 2013 als
Zeichen seiner Verbundenheit sein Kunstwerk "Himmelsleiter“. Der Skulptur wurde beim Rathausneubau ein eigener Platz im Lichthof gewidmet – geschützt und vandalismussicher, sichtbar von allen Seiten.
Der biblischen Erzählung nach erblickte Jakob die Himmelsleiter in einer Traumvision, als er sich auf dem Weg nach haran
befand. Die Himmelsleiter stand auf der Erde und ihre Spitze reichte in den Himmel. Auf ihr sah er Engel Gottes, die auf- und
niederstiegen. Oben aber stand der Herr selbst, der sich ihm als Gott Abrahams und Isaaks offenbarte und die Land- und Nachkommenverheißung
erneuerte. (Gen 28,10-22)
Historische Bilder im Sitzungssaal
Das Herz des Rathauses ist der Sitzungssaal. Hier tagt der Stadtrat und seine Ausschüsse. Bereits seit dem 17. Jahrhundert ist der Sitzungssaal
des Dorfener Rathauses mit Bildern ausgestattet, die den Stadtrat mahnen, vorausschauende und gerechte Entscheidungen zu treffen. Die Werke werden dem kurfürstlich bayerischen Hofmaler Johann Kaspar Sing zugeschrieben und waren seinerzeit Geschenke von Ratsherren an den Markt Dorfen. Alle Werke hatten einen oder mehrere Spender, die in den einzelnen Bildern auch festgehalten sind.
Weitere Erläuterungen zu den Bildern finden Sie hier und sind in der Festschrift zum 1200-jährigen Jubiläum der Stadt Dorfen enthalten.
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